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Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG)
Author
Susanna Hinrichsen-Deicke, Fr, 31. Jan. 2020
in Aktuelles

Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG)

Welche Rechte Sie bei Hasskommentaren im Netz haben

Aktualisiert am 04.08.2021

Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) ist ein Gesetz des Bundesjustizministeriums. Damit sollen Nutzer sozialer Medien mehr Rechte gegenüber den Plattformen haben, die sie nutzen. Seit Ende 2017 ist das Gesetz jetzt in Kraft. Zeit, Bilanz zu ziehen: Was taugt das NetzDG?

Wir stellen das Gesetz vor und bewerten, ob das Netzwerkdurchsetzungsgesetz Social-Media-Nutzer tatsächlich vor Hasskommentaren schützt.

Was ist das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG)?

NetzDG ist die Abkürzung für Netzwerkdurchsetzungsgesetz bzw. das „Gesetz zur Verbesserung der Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken“. Es trat am 1. Oktober 2017 in Kraft und wurde seitdem einige Male überarbeitet. Mit dem Gesetz werden die Betreiber sozialer Netzwerke (also unter anderem Facebook, Instagram, YouTube, TikTok und Co.) verpflichtet, Hinweise von deren Nutzern auf strafbare Inhalte zügig zu bearbeiten und zu löschen, falls diese rechtswidrig sind.

Ziel ist es, dass Plattformbetreiber ein wirksames und transparentes Verfahren für den Umgang mit Beschwerden einführen. Dieses Verfahren muss für die Nutzer leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar sein. Rechtswidrige Inhalte sollen so spielend einfach gemeldet werden können. Offensichtliche rechtswidrige Inhalte müssen in der Regel innerhalb von 24 Stunden nach Eingang der Beschwerde gelöscht werden; für Inhalte, die nicht offensichtlich rechtswidrig sind, gilt die Sieben-Tages-Frist. Nur in Ausnahmefällen kann diese Frist überschritten werden, zum Beispiel, wenn nicht so schnell geklärt werden kann, ob der Inhalt rechtswidrig ist oder nicht.

Das Bild zeigt verschiedene Social-Media-Apps. Sie sind alle vom NetzDG betroffen. Bild: Pixabay/Pixelkult

Soziale Netzwerke bieten viel Platz für Hasskommentare und Co. Das NetzDG ist ein Schritt der Politik, dagegen anzugehen. Welche Rechte und Plichten ergeben sich daraus? Bild: Pixabay/Pixelkult

Zwischenfazit 2020: Was taugt das NetzDG?

Aktuelle Debatten zeigen: So richtig zufrieden sind sowohl Nutzer als auch Politik mit der bisherigen Umsetzung des Netzwerkdurchsetzungsgesetz nicht. Und darum hat jetzt (Anfang 2020) die Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) einen Änderungsentwurf eingereicht. Woran haperte es und was wird verbessert?

Zukünftig soll für Nutzer noch leichter werden, gegen Entscheidungen des Netzwerkanbieters vorzugehen. Es soll nämlich nicht bereits am komplizierten Meldeverfahren scheitern, ob Beschwerde eingereicht wird. Außerdem sollen die Betroffenen – also die Nutzer, die Beleidigungen oder Drohungen zum Opfer gefallen sind – es leichter haben, Auskunftsansprüche geltend zu machen.

Tatsache ist leider, dass soziale Netzwerke immer häufiger Schauplatz volksverhetzender Angriffe und Bedrohungen werden. Ob die Überarbeitung des NetzDG daran etwas ändert, bleibt abzuwarten.

Zu Unrecht gemeldet?

Natürlich kann es passieren, dass Seiten oder Beiträge gemeldet werden, die völlig in Ordnung sind – zumindest aus Sicht des Verfassers. Kann man also auch einer Löschung widersprechen? Ja, das geht im neuen Entwurf auch und nennt sich Gegenvorstellungsverfahren. Zukünftig soll es außerdem unparteiische Schlichtungsstellen geben. Diese sollen vermeiden, dass im Streitfall hohe Kosten auf Nutzer und soziale Netzwerke zukommen und schneller eine gemeinsame Lösung erreicht wird.

Der neue Entwurf (Stand 2020) sieht auch vor, mehr Transparenz für die Öffentlichkeit zu schaffen. Es wird zukünftig auch einen Meldebericht geben, und dieser gibt einen sehr interessanten Einblick hinter die Kulissen der sozialen Netzwerke frei: Welche automatisierten Verfahren werden eingesetzt, um rechtswidrige Inhalte aufzuspüren? Welche Personengruppen sind besonders bedroht? Wir halten Sie auf dem Laufenden.

Doch wie steht es bei Ihnen? Sind Sie im Netz schon einmal beleidigt worden? Vielleicht haben Sie auch bereits einen unangemessenen Inhalt gemeldet? Findet Sie, dass das NetzDG der richtige Schritt gegen solche Inhalte ist? Wir sind gespannt auf eure Kommentare.

Das Bild zeigt einen Screenshot aus Facebook, in dem gezeigt wird, wie man eine Seite, einen Kommentar oder einen Beitrag melden kann. Diese Aktionen kann man aufgrund der NetzDG machen. Bild: Montage PC-SPEZIALIST

Facebook bietet bereits die Möglichkeit, Kommentare, Beiträge oder Seiten zu melden und entspricht somit dem NetzDG. Dazu wählen Sie einfach im Menü „Support erhalten und Seite melden“ und im nächsten Schritt einen Grund für eure Meldung aus. Bild: Montage PC-SPEZIALIST

NetzDG in der Praxis

Wie leicht ist es, Hasskommentare zu melden? Was tun Facebook, Instagram und Co.? Und welche Rechte haben Sie als Nutzer? Rechtswidrige Inhalte zu melden, ist zumindest bei Facebook nicht schwierig. Kommentare können Sie mit einem Klick auf „Mehr“ melden, ganze Seiten oder einen Beitrag über das Menü. Dort finden Sie dann einen Link, über den Sie den Beitrag melden können. Laut Facebook wird dem Gemeldeten dabei nicht verraten, dass Sie der Auslöser für die Meldung waren.

Weitere Fragen zum Thema „Melden“ finden Sie übrigens auf der extra dafür angelegten Facebook-Seite. Doch auch bei Instagram gibt es Hasskommentare. Was Instagram dagegen tut und wie Sie sich wehren können, erfahren Sie bei uns.

Zusätzliche Meldepflicht des NetzDG ab 2022

Durch die Überarbeitung des NetzDG sind Facebook und Co. verschärft in der Pflicht. Es wird dabei eine zusätzlich Meldepflicht zur Datenweiterleitung an das BKA eingeführt, die ab dem 1. Februar 2022 in Kraft tritt.

Nach Plan werden soziale Netzwerke wie Facebook, Twitter und YouTube dazu verpflichtet, bei Anhaltspunkten für die Erfüllung bestimmter Straftaten die entsprechenden Inhalte direkt an das BKA weiterzugeben. Es will damit anonymen Hetzern das Handwerk legen. Darunter fallen beispielsweise Beiträge wie Hakenkreuz-Postings, Morddrohungen oder volksverhetzende Inhalte. Aber auch Inhalte, die für Unbeteiligte harmlos scheinen, jedoch gemeldet wurden, müssen weitergeleitet und geprüft werden.

Dies soll über eine durch die Behörde zur Verfügung gestellte elektronische Schnittstelle automatisch geschehen. Zu den zu übermittelnden Daten gehören dabei unter anderem der Nutzername, IP-Adresse, Port-Nummer und sämtliche bekannte personenbezogene Daten des Users. Erst nach Datenübermittlung prüft das BKA, ob der Fall strafrechtlich relevant ist. Nach eigener Schätzung des Gesetzgebers trifft das aber nur auf circa 40 Prozent der Fälle zu. Die Daten bleiben in jedem Fall aber in der polizeilichen Datenbank.

Google klagt gegen das Netzwerkdurchsetzungsgesetz

Genau das kritisierte Google in Form einer über YouTube veröffentlichten Pressemitteilung jetzt auch öffentlich. Der Weltkonzern lässt dabei gleichzeitig im Rahmen einer Feststellungsklage vor dem Verwaltungsgericht Köln prüfen, ob die massenhafte Weiterleitung von personenbezogenen Nutzerdaten wirklich rechtskräftig ist. Nach ihm ist die vorgegebene Verfahrensweise weder mit dem deutschen Grundgesetz noch mit Europäischem Recht vereinbar.

Mit der Klage ist Google zwar eindeutig Rädelsführer, aber auch andere Institutionen und Unternehmen haben bereits ihren Unmut gegenüber dem NetzDG geäußert. Darunter befinden sich auch verschiedene wissenschaftliche und wirtschaftliche Akteure. Sogar der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages hat das Gesetz in einer Ausarbeitung kritisch hinterfragt. Dennoch ist weiterhin unklar, ob die Kritiken erfolgreich sind und eine Erweiterung des NetzDG verhindert wird. Wir halten Sie hier aber in jedem Fall auf dem Laufenden!

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Weiterführende Links: Süddeutsche Zeitung, Focus, Stadt Bremerhaven

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