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Böhmermann Schönbohm
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Maren Keller, Mi, 19. Okt. 2022
in Aktuelles

Böhmermann Schönbohm

Hintergründe zu Russland-Verwicklungen – UPDATE: Schönbohm entlassen

Man kann es schon fast Affäre nennen, die Ursachen und Folgen dessen, was Böhmermann Schönbohm antut. Der Schaden ist immens, welche Wahrheit wirklich hinter den Vorwürfen steckt, noch nicht ganz klar.

Mittlerweile ist klar – Arne Schönbohm hat seinen Posten als BSI-Chef verloren – und das alles, weil ein ZDF-Satiriker ihn aufs Korn genommen hat. Alle Infos bei uns.

Zur Person Arne Schönbohm

Arne Schönbohm war seit dem 18. Februar 2016 Präsident des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI). Gestern wurde er aus seinem Amt abberufen. Er stammt gebürtig (Jahrgang 1969) aus Hamburg und studierte Internationales Management in Dortmund, London und Taipeh.

Er ist seit mehr als zehn Jahren in führenden Positionen im Bereich der IT-Sicherheit tätig. Nach verschiedenen Positionen für EADS (ehemals European Aeronautic Defence and Space Company, seit 2014 Airbus) wurde Schönbohm 2008 Vorstandsvorsitzender der BSS BuCET Shared Services AG (BSS AG). Das Unternehmen hat sich unter anderem der Beratung auf dem Feld der Cyber-Sicherheit verschrieben. Ehe er ins BSI wechselte, war er beim der BSS AG Vizepräsident für Commercial und Defence Solutions.

Seine 13-jährige Industriekarriere begann der Diplom-Betriebswirt als Trainee in der zentralen Nachwuchsgruppe bei DaimlerChrysler Aerospace in München. Darüber hinaus arbeitete Schönbohm als Sicherheitsexperte und Berater verschiedener politischer Entscheidungsträger auf Bundes- und Landesebene, so war er unter anderem Mitglied der Cyber Security Coordination Group der EU.

Böhmermann Schönbohm: Arne Schönbohm, Präsident des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik. Bild: Wikipedia/©Michael Lucan (Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0 de)

Arne Schönbohm, seit gestern: Ex-Präsident des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik. Bild: Commons Wikimedia /©Michael Lucan (Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0 de)

Schönbohm und das BSI

Arne Schönbohm war in seiner Arbeit beim BSI durchaus umstritten. Lange Zeit galt er als Fehlbesetzung, was sich allerdings änderte, als er sein Amt für längst überfällige Veränderungen nutzte. Zudem wird ihm hoch angerechnet, dass er keine politischen Entscheidungen trifft, sondern fachliche – sehr zum Missfallen von Innenministerin Faeser.

So steht beispielsweise im Bundesinnenministerium unter Nancy Faeser (SPD) das sogenannte „Schwachstellen-Management“ weit oben auf der politischen Agenda. Es besagt, bestimmte Sicherheitslücken erst selbst auszunutzen, bevor man sie dem Hersteller meldet und damit für alle unbrauchbar macht. Allerdings widerspricht diese Form des Schwachstellen-Managements dem gängigen IT-Sicherheitsgedanken, Sicherheitslücken durch Updates möglichst schnell zu stopfen. Schönbohm ist für die direkte Beseitigung bekannte Softwarefehler.

Außerdem liebäugelt das Bundesinnenministerium unverhohlen mit den EU-Plänen zur Chat-Kontrolle. Sie bedeutet den Einstieg in die anlasslose Massenüberwachung privater Kommunikation. Hierbei würden sogenannte Staatstrojaner mit Software-Hintertüren für Spähzwecke genutzt werden. Militär, Geheimdienste und Strafverfolgungsbehörden fordern sie seit Jahren, für Sicherheitsexperten und Schönbohm droht ein Überwachungs-Albtraum.

Überwachung in Deutschland

Zahlreiche Möglichkeiten der Überwachung gibt es bereits in Deutschland. Ein politisches Dauerthema ist die Vorratsdatenspeicherung, zu der der EuGH jüngst geurteilt hat, dass sie so, wie sie durchgeführt wird, nicht rechtens ist. Aber auch die Schufa sammelt Daten in rauen Mengen und lässt den Mensch immer gläserner werden. Und nicht zu vergessen, die Tracking-Apps, die es gibt.

Es ist stets eine Abwägung, ob die Sicherheit der Menschen durch Überwachung vergrößert wird oder ob die Interessen des Staates, möglichst viel vom seinen Einwohnern zu erfahren, im Vordergrund stehen.

Schönbohms Linie für mehr Sicherheit und mehr Datenschutz für jeden Einzelnen ist Nancy Faeser ein Dorn im Überwachungsauge. Für sie scheint die von Böhmermann ausgelöste Diskussion um den BSI-Chef eine willkommene Möglichkeit zu sein, den unbequemen Beamten zu entsorgen und stattdessen einen Überwachungsfreund an die Spitze des BSI zu setzen.

Böhmermann Schönbohm: zwei weiße Kameras an dunklem Pfosten montiert unter blauem Himmel. Bild: Pexels/PhotoMIX Company

Überwachung findet schon jetzt vielfältig statt. Schönbohm ist dagegen ein Freund von mehr Datenschutz. Bild: Pexels/PhotoMIX Company

Böhmermann Schönbohm – was war passiert?

Im Fall Böhmermann Schönbohm hat Moderator Jan Böhmermann in seiner Sendung ZDF Magazin Royale den BSI-Chef Schönbohm als #CyberClown vorgeführt und persönlich attackiert – da er seinen Job mittlerweile verloren hat, in beschädigender Weise. Als Satiriker nutzt Böhmermann seine Sendung immer wieder, um Skandale und Skandälchen möglichst spektakulär zu enthüllen.

Im Fall von Schönbohm enthüllte er allerdings nur bereits Bekanntes: Arne Schönbohm, bis heute IT-Sicherheitschef von Deutschland, hatte einen windigen Lobbyverband gegründet und lange geleitet. Der trägt den Namen Cyber-Sicherheitsrat Deutschland e.V. In diesem Verband ist die IT-Firma Protelion Mitglied, die eindeutige Verbindungen zu russischen Geheimdiensten hat. Außerdem soll Protelion irgendwie mit der Cybersicherheit Deutschlands zu tun haben – und das alles unter Schönbohms Verantwortung.

Im Nachhinein wurde allerdings bekannt, dass die angeblich so wichtige Rolle der IT-Firma mit russischen Verbindungen in der deutschen Cybersicherheitsarchitektur mindestens angezweifelt werden muss. Den gesamten Ausschnitt aus der Fernsehsendung ZDF Magazin Royale sehen Sie in diesem YouTube-Video:

Zweifelhafte Inszenierung im Fall Böhmermann Schönbohm

Was ist überhaupt dran an den Vorwürfen und Enthüllungen im Falle Böhmermann Schönbohm? Nicht viel, wie sich herausstellte:

  • Bekannt war schon vor seiner Berufung als BSI-Chef, dass er den Lobbyverband Cyber-Sicherheitsrat Deutschland e.V. gegründet und geleitet hat.
  • Richtig ist, dass die dubiose Sicherheitsfirma Protelion mit verdächtigen russischen Wurzeln erst Mitglied in dem Verband geworden ist, nachdem Schönbohm Jahre zuvor den Vorsitz abgegeben hat.
  • Fakt ist außerdem, dass das BSI und Arne Schönbohm als Vorsitzender die Protelion weder unterstützt noch erwähnt haben.

Bleibt seine Teilnahme an der Jubiläumsfeier des von ihm gegründeten Cyber-Sicherheitsrat Deutschland e.V. Anfang September dieses Jahres. Bereits seit September 2019 stehen die Vorwürfe im Raum, der Verein stehe in verdächtiger Nähe zu Russland. Schönbohm hätte also eine Abwesenheit beim Jubiläum durchaus gutgetan.

Andererseits war der Auftritt von Faesers Staatssekretär abgesegnet und ihr Abteilungsleiter für Cybersicherheit war ebenfalls zu Gast. So schlimm kann es aus Sicht des Bundesinnenministeriums also nicht gewesen sein. Und das verdeutlicht noch einmal, das hinter aller Kritik an Schönbohm eher der Versuch steckt, einen unliebsamen Beamten loszuwerden.

Böhmermann Schönbohm: Satiriker Jan Böhmermann. Bild: Commons Wikimedia/©Michael Schilling (Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0 de)

Satiriker Jan Böhmermann. Seine zweifelhaften Enthüllungen haben BSI-Chef Schönbohm den Job gekostet. Bild: Commons Wikimedia/©Michael Schilling (Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0 de)

Böhmermann Schönbohm – wie geht’s weiter?

Dennoch haben die Enthüllungen von Böhmermann Auswirkungen. Zunächst einmal zeigte Nancy Faeser klar, was sie von ihrem BSI-Chef hält. Sie brauchte ganze 48 Stunden, um überhaupt auf die Enthüllungen im Fall Böhmermann Schönbohm zu reagieren. Sich schützend hinter ihn gestellt hat sie sich allerdings nicht.

Mittlerweile schließt sogar Grünen-Chef Omid Nouripour Ermittlungen durch den Bundesstaatsanwalt nicht mehr aus. Und seit gestern Abend ist klar: Das Bundesinnenministerium hat Schönbohm abberufen. Er ist seinen Job als BSI-Chef los.

Und das, obwohl sogar die Böhmermann-Redaktion zurückrudert, indem sie zahlreiche Posts auf Twitter absetzte und der Darstellung Schönbohms als #CyberClown widersprach. Denn die Bewertungen der Enthüllung unter Fachleuten ist eindeutig: „Fürs Erste bleibt von den konkreten Vorwürfen gegen ihn nichts übrig.“

Egal, ob Protelion oder Cyber-Sicherheitsrat, wenn Sie in Ihrer Firma Fragen zur IT-Sicherheit haben, dann wenden Sie sich am besten an Ihren PC-SPEZIALIST vor Ort. Bei ihm bekommen Sie Sicherheitslösungen, die nicht aus Russland stammen, sondern made in Germany sind. Nehmen Sie Kontakt zu uns auf.

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Andere Stimmen zum Thema: heise, spiegel, wiwo, bsi.bund, ntv, rndtagesschau, rp-online

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