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Digitales Erbe auf Facebook
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Maren Keller, Fr, 10. Mai. 2019
in Verschiedenes

Digitales Erbe auf Facebook

Was passiert mit den Daten verstorbener Facebook-Nutzer?

„The Liking Dead“ oder „vom Facebook zum Deadbook“ – es dauert nicht mehr lange, dann gibt es mehr tote als lebendige Nutzer auf Facebook. Sie alle hinterlassen ein digitales Erbe auf der Social-Media-Plattform.

Doch was soll und kann mit den Daten all der Nutzer passieren, die ihre Zugangsdaten nicht rechtzeitig an Vertraute weiter gegeben haben, damit sie die Profile Verstorbener löschen können?

Digitales Erbe auf Facebook und Co.

Die Universität Oxford hat anhand der aktuellen Nutzerentwicklung auf Facebook die Aussage gewagt, dass es in 50 Jahren vermutlich mehr Profile von Verstorbenen als von Lebenden gibt. Carl J. Öhman und David Watson sind dabei folgender Frage nachgegangen: Are the dead taking over Facebook?; zu Deutsch: Übernehmen die Toten Facebook?

Hintergrund der Fragestellung ist, dass Facebook eine riesige Sammlung an persönlichen Daten, Erinnerungen und Fotos ist. Und längst nicht jeder hat sein digitales Erbe auf Facebook und Co. geregelt. Das bedeutet, die Zahl der digitalen Leichen, der toten Profile, wird in den kommenden Jahren rasant ansteigen. Bis zum Jahr 2100 werden laut Oxford-Analyse mindestens 1,4 Milliarden Facebook-Nutzer versterben. Bleibt es beim aktuellen Wachstum der Facebook-Nutzer, liegt die Sterberate sogar bei 4,9 Milliarden Nutzern.

Die Grafik bildet die geschätzte Anzahl der Facebook-Profile von Verstorbenen im Jahr 2100 ab. Bild: Statista (https://de.statista.com/infografik/17845/geschaetzte-anzahl-der-facebook-profile-von-verstorbenen/)

Laut Studie ist Facebook in wenigen Jahren ein Deadbook. Quelle: Statista (https://de.statista.com/infografik/17845/geschaetzte-anzahl-der-facebook-profile-von-verstorbenen/)

Was passiert mit dem digitalen Erbe?

Die Forscher aus Oxford machen sich vor allem Gedanken darum, was mit dem digitalen Erbe, also den Daten der Verstorbenen, passiert. Nur wenn Angehörige oder Freunde die Zugangsdaten haben, können sie die Profile und somit die Daten löschen.

Allerdings soll man seine Passwörter nicht verraten, am besten sogar einen Passwortmanager benutzen oder mindestens megakomplizierte Passwörter verwenden. Dennoch muss euer digitales Erbe  verwaltet werden, also irgendjemand muss wissen, welche Zugänge ihr wo benutzt. Eine äußerst komplizierte Situation, eine echte Zwickmühle.

Ist das nicht der Fall, kann lediglich das Unternehmen, das die Plattform bildet, bei der ihr einen Account habt, über eure Daten bestimmen. Aber wollt ihr wirklich, dass Facebook und Co. entscheiden, was mit euren Daten passiert?

„The Liking Dead“ oder „Zombiebook“

Facebook kann nur verhindern, dass es zum „Deadbook“ oder „Zombiebook“ (wie Deutschlandfunk Nova meint) wird, indem es vor allem für junge Leute wieder attraktiver wird. Doch die wenden sich immer mehr von Facebook ab. Instagram, TikTok und Snapchat sind bei den Jugendlichen die Apps, mit denen sie sich identifizieren. Facebook wirkt im Vergleich zu den lustigen, smarten Apps eher altbacken. Und außerdem: Wer möchte schon auf derselben Social-Media-Plattform aktiv sein, wie die eigenen Eltern und Großeltern?

Laut Statista waren im Januar 2018 noch 8,3 Millionen Nutzer in Deutschland zwischen 18 und 24 Jahre alt und 11 Millionen zwischen 25 und 34 Jahre. Aber in der Gruppe der Teenager zwischen 13 und 17 Jahren nutzten zur selben Zeit nur 1,6 Millionen Deutsche die Social-Media-Plattform. Will Facebook das Aussterben seiner Nutzer und die Anhäufung digitaler Leichen verhindern, muss es sich etwas einfallen lassen.

Das Bild zeigt ein Auge, in der Iris befindet sich das Facebook-Icon. Es soll die künstliche Intelligenz symbolisieren. Bild. Pixabay

Wohin mit dem digitalen Erbe? Künstliche Intelligenz soll verhindern, dass Freunde unpassend an Verstorbene erinnert werden. Bild: Pixabay

Datenskandale erschüttern Vertrauen in Facebook

Dabei macht sich Facebook das Leben selbst schwer. Neben der Problematik, dass smarte Apps wie TikTok und Co. für die Jugendlichen spannender und interessanter sind, erschüttern auch immer neue Datenskandale das Unternehmen. Bei uns im Blog findet ihr eine Vielzahl von Datenskandalen alleine aus dem vergangenen Jahr. Um so wahrscheinlicher ist es daher, dass die Oxford-Forscher recht behalten werden und die Zahl der Profile Toter in wenigen Jahrzehnten größer ist als die Zahl Lebender.

Was geschieht also mit dem digitalen Erbe? Wer kann darüber verfügen? Wer erhält Zugang? Für die Forscher ist die Aussicht problematisch, dass kommerzielle Unternehmen wie Facebook die Datenverwaltung derart dominieren und dadurch gleichzeitig den Zugang für nachfolgende Generationen bestimmen und erschweren. Schließlich werden die „Profile verstorbener Nutzer Teil unseres globalen digitalen Erbes“, wie Ko-Autor David Watson erklärt. Und weiter: „Dieses Archiv zu kontrollieren, bedeutet, unsere Geschichte zu kontrollieren.“

Digitales Erbe für Museen und Forschung?

Andenken und Fotos Verstorbener kommen bislang über Umwege an Museen oder andere wissenschaftliche Einrichtungen. Wie ein digitales Erbe den Weg dorthin finden kann, ist ungewiss. Facebook kann – ebenso wie andere soziale Netzwerke – die Frage nach der historischen Nutzung von Daten bislang nicht beantworten. Immerhin können Angehörige aus einer Facebook-Seite eine Gedenkseite machen und diese verwalten. Zusätzlich möchte Facebook mithilfe künstlicher Intelligenz sicherstellen, dass andere Nutzer durch Geburtstagserinnerungen oder ähnliche Hinweise nicht mehr an einen Verstorbenen in unpassender Weise erinnert werden.

Dennoch bleibt die Frage: Was passiert mit dem digitalen Erbe? Wer kann es nutzen? Wer darf es nutzen? Hat es einen Mehrwert für die Gesellschaft? Und wie handhabt ihr eure Online-Zugänge? Kennt eine euch vertraute Person eure Login-Daten, um im Notfall den Account löschen zu können? Nutzt ihr Facebook überhaupt oder seid ihr lieber in anderen sozialen Medien aktiv? Oder habt ihr euch darüber, was aus eurem digitalen Erbe wird, noch überhaupt keine Gedanken gemacht? Lasst es uns in unseren Kommentaren wissen.

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1 Kommentar

  1. Martin Quickborn sagt:

    „Nur wenn Angehörige oder Freunde die Zugangsdaten haben, können sie die Profile und somit die Daten löschen.“

    Nun ja, es gibt da zum einen die Möglichkeit einer Passwortzurücksetzung, zum anderen kann man bei einigen Diensten auch über eine Vollmacht vieles erreichen.
    Passwörter hinterlegen ist immer ein zweischneidiges Schwert, einerseits vereinfacht es die Situation für die Hinterbliebenen, andererseits kann es ein sicherheitstechnisches Desaster bedeuten wenn diese Listen in die falschen Hände fallen.
    Und solche Passwortlisten immer auf dem neusten Stand zu halten kann auch sehr aufwändig sein, speziell wenn man viele Accounts hat und seine Passwörter in regelmäßigen Abständen ändert.