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Der digitale Nachlass
Author
Maren Keller, Mi, 31. Jan. 2024
in Tipps

Der digitale Nachlass

Digitales Erbe im Trauerfall annehmen und Online-Daten löschen

Jeder von uns, ob privat oder geschäftlich, hat zahlreiche Online-Accounts – und hinterlässt im Todesfall ein digitales Erbe. Für Angehörige kann der digitale Nachlass eine große Bürde sein. Vor allem, wenn der Verstorbene vor seinem Ableben nichts geregelt hat.

Wie kann man Online-Daten löschen? Welche Möglichkeiten haben Angehörige? Welche bürokratischen Hürden gibt es? Infos hier.

Der digitale Nachlass – was ist das?

Internetnutzer hinterlassen unzählige Spuren im Netz. Im Schnitt hat jeder von uns durchschnittlich mehr als acht Accounts allein in den sozialen Netzwerken. Hinzu kommen Zugänge zu E-Mail-Konten, Shoppingseiten, Streaming-Plattformen und Co. Und das gilt nicht nur für den privaten Bereich, sondern natürlich auch für den beruflichen. Während die Zugänge der Angestellten vom IT-Verantwortlichen oder externen IT-Dienstleister organisiert und im Todesfall gelöscht werden, muss die Privatperson den digitalen Nachlass selbst regeln.

Wissen Sie, in wie vielen sozialen Netzwerken Sie angemeldet sind? Welche Shopping-Seiten nutzen Sie? Speichern Sie Ihre Daten in einer Cloud? Und nutzen Sie Online-Banking? Überall dort, wo Sie sich mit Nutzername und Passwort (und im Idealfall auch einem zweiten Faktor) anmelden, hinterlassen Sie Spuren im Internet. Und wenn Sie schon überlegen müssen, wo Sie im Laufe der Zeit überall Accounts angelegt haben, können Sie sich sicherlich vorstellen, wie kompliziert es für Hinterbliebene wird, dass der digitale Nachlass eines Verstorbenen geregelt wird.

Der digitale Nachlass: Fußabdrücke im Sand. Bild: stock.adobe.com/Vastram (https://stock.adobe.com/de/images/footprints-on-the-sand/479352462)

Sind wir im Internet unterwegs, hinterlassen wir permanent Spuren. Bild: stock.adobe.com/Vastram

Verträge und Co. gehen auf die Erben über

Was vielen nicht bekannt oder bewusst ist: Bestehende Verträge, Abonnements und kostenpflichtige Mitgliedschaften gehen im Todesfall auf die Erben über. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Urteil vom 12. Juli 2018 festgestellt. In dem Rechtsstreit ging es darum, ob ein soziales Netzwerk (in diesem Fall Facebook) nach Kenntnisnahme des Todes den Account in einen (nicht mehr login-fähigen) Gedenkzustand versetzen darf und somit den Erben den Zugang zum Account verweigern kann. Dem widersprach der BGH.

Daraus lässt sich allerdings folgern, dass nicht nur Facebook-Accounts an die Erben übergehen, sondern alle Online-Accounts. Das bedeutet, wenn Sie betroffen sind: Kündigen Sie Verträge, Abos und Mitgliedschaften möglichst schnell. Das Problem dabei ist, herauszufinden, welche Verpflichtungen überhaupt bestehen. Den Erben steht deshalb oft eine mühselige Suche nach Konten, Zugangsdaten und Verträgen bevor.

Der digitale Nachlass – wie lässt er sich sichten?

Im Idealfall hat der Verstorbene einen sogenannten Notfallkoffer angelegt. Dabei handelt es sich nicht wirklich um einen Koffer, sondern um einen Ordner, der gut gesichert alle notwendigen Informationen enthält, mit dem der Hinterbliebene sämtliche Angelegenheiten des Verstorbenen regeln kann. Der digitale Nachlass ist dort ebenfalls enthalten. Einen solchen Notfallkoffer sollten auch Firmeninhaber haben, damit im Falle ihres Ablebens der Betrieb weitergeführt werden kann. Verträge, Versicherungen, Online-Zugänge und Vollmachten – all das sollte dort hinterlegt sein.

Ist das nicht der Fall, wird die Suche nach Accounts schwierig. Aber: Einen guten Ansatzpunkt liefert das E-Mail-Konto. Hier läuft ein Großteil der Kommunikation ein, zum Beispiel Rechnungen des Handy-Anbieters, Anmeldebestätigungen bei sozialen Netzwerken oder Streaming-Diensten, Newsletter von Shoppingseiten und vieles mehr.

Vermutlich hat Ihnen der Verstorbene irgendwann einmal eine E-Mail geschickt, sodass Sie zumindest wissen, welche(n) E-Mail-Dienst(e) er genutzt hat. Dann können Sie den E-Mail-Provider kontaktieren und um einen Zugang bitten. Nach dem BGH-Urteil ist der Provider dazu verpflichtet, Ihnen einen Zugriff zu ermöglichen.

Der digitale Nachlass: Geöffneter Laptop mit Gmail-App. Bild: Unsplash/Stephen Phillips – Hostreviews.co.uk (https://unsplash.com/de/fotos/schwarzer-laptop-3Mhgvrk4tjM)

Der E-Mail-Account ist eine gute Möglichkeit, den digitalen Nachlass zu sichten. Bild: Unsplash/Stephen Phillips – Hostreviews.co.uk

Online-Daten löschen – digitale Spuren verschwinden lassen

Haben Sie die Liste über alle vorgenommenen Registrierungen, Abos und Co. erstellt, beginnt die Fleißarbeit des digitalen Erbes. Bei vielen Plattformen können Sie beim Login mit Hilfe der E-Mail-Adresse des Verstorbenen ein neues Passwort anfordern und können sich dann mit diesem neuen Passwort anmelden. Auf der Seite des jeweiligen Internetdienstes sollten Sie alle wichtigen Informationen zum Konto des Verstorbenen finden. Stehen noch Rechnungen aus? Gibt es irgendwelche Abos oder regelmäßig fällige Zahlungen?

Wenn ja: Schauen Sie, ob es eine Möglichkeit gibt, die Mitgliedschaft zu kündigen. Rechnungen sollten aus dem analogen Nachlass des Verstorbenen, also aus seinem hinterlassenen Vermögen, beglichen werden. Wenn das alles erledigt ist, sollten Sie die Mitgliedschaft bzw. das Konto löschen. Falls Sie dazu auf der Seite des Internetdienstes keine Informationen finden, kontaktieren Sie diesen am besten direkt.

Auf diese Weise arbeiten Sie sich nach und nach vor und können so alle Daten löschen. Bei sozialen Netzwerken ist dabei allerdings auch eine psychologische Komponente zu bedenken. Fühlt es sich für Sie richtig an, beispielsweise das Facebook-Profil zu löschen? Oder gibt es da noch andere Möglichkeiten?

Facebook-Profil als Gedenkseite nutzen

Selbstverständlich bietet Facebook eine andere Möglichkeit als nur das Online-Daten löschen: Sie können das Profil des Verstorbenen in den Gedenkzustand versetzen und damit einen Erinnerungsort schaffen. Zumindest kurz nach dem Tod, wenn dieser vielleicht noch nicht verarbeitet ist, kann es emotional ein zu großer, ein zu endgültiger Schritt sein, die digitalen Spuren des Angehörigen zu löschen, sodass eine Gedenkseite einen guten Zwischenschritt darstellt.

Vielleicht ist aber auch das Gegenteil der Fall und es wühlt Sie zu sehr auf, beim Scrollen durch den Newsfeed auf Nachrichten zu stoßen, die auf der Gedenkseite hinterlassen wurden. Die Entscheidung, welchen Weg er einschlagen möchte, hat jeder Erbe individuell zu treffen.

Rein technisch: Wollen Sie als Familienangehöriger die Profilseite in den Gedenkzustand versetzen, können Sie eine entsprechende Anfrage stellen. Wichtig ist, dass Sie einen Berechtigungsnachweis vorweisen können. Das kann eine Vollmacht, eine Geburtsurkunde, ein Testament, ein Nachlassbrief, eine Todesanzeige oder auch eine Trauerkarte sein. Personenbezogene Daten, die Facebook für den Vorgang nicht benötigt, sollten auf diesem Dokument geschwärzt werden. Weitere Informationen dazu finden Sie auf den Facebook-Hilfeseiten.

Person am Laptop mit Kerze auf Monitor vor schwarzem Hintergrund. Bild: stock.adobe.com/Montage: wattana (https://stock.adobe.com/de/images/mock-up-copy-space-blank-screen-concept-business-working-on-tablet/348745897) und gitusik (https://stock.adobe.com/de/images/candle/265993150)

Verstirbt ein Angehöriger, muss auch der digitale Nachlass verwaltet werden. Bild: stock.adobe.com/wattana und gitusik

Der digitale Nachlass – Vorbereitung

Wenn Sie sich zu Lebzeiten Gedanken über den digitalen Nachlass machen, ist das Prozedere für Ihre Erben deutlich einfacher. Zwar ist das ein zeitintensives Unterfangen, aber es lohnt sich, wenn Sie es Ihren Erben leicht machen möchten. Übrigens: Da niemand weiß, wann seine letzte Stunde geschlagen hat, sollte der digitale Nachlass am besten bereits jetzt erledigt sein. Wenn nicht, gehen Sie ihn jetzt an. Schieben Sie diese Angelegenheit nicht auf später – wer weiß schon, ob man später noch Zeit dafür hat!

Den Anfang machen Sie mit Ihren E-Mail-Konten und verschaffen Sie sich einen Überblick über all die Benutzerkonten, die sich mit der Zeit angehäuft haben. Legen Sie sich eine Liste an, die hoffentlich in ferner Zukunft, auch für Ihre Erben hilfreich sein wird, wenn der digitale Nachlass verwaltet werden muss. Zwei wichtige Schritte sollten Sie tun:

Zwei Schritte zur Vorsorge

Erstens: Bestimmen Sie eine Vertrauensperson, die im Falle Ihres Todes die Verwaltung Ihres digitalen Nachlasses übernimmt. Stellen Sie ihr eine Vollmacht aus. Darin können Sie detailliert festlegen, was mit Ihrem digitalen Nachlass passieren soll. Halten Sie außerdem fest, was mit Ihren Endgeräten – also Laptop, Handy und Co. – und den Daten darauf geschehen soll. Wichtig: Diese Vollmacht müssen Sie handschriftlich verfassen, mit dem Vermerk „über den Tod hinaus gültig“ und einem Datum versehen und dann  unterschreiben. Die Verbraucherzentrale stellt dafür eine Muster-Vorlage bereit.

Zweitens: Erstellen Sie eine Übersicht aller Accounts inklusive Benutzernamen und Kennwörtern – auch hierfür hat die Verbraucherzentrale ein Vorlage bereitgestellt. Sind die mit der Aufstellung fertig, sollten Sie diese entweder ausdrucken oder auf einem USB-Stick speichern. Wichtig: Halten Sie diese Liste stets aktuell, aktualisieren Sie Passwörter im Falle einer Änderung, entfernen Sie gelöschte Nutzerkonten und fügen Sie neue hinzu. Teilen Sie Ihrer Vertrauensperson mit, wo sie die Übersicht finden kann.

Wichtig: Suchen Sie sich für Ihre Listen und Vollmachten einen sicheren Aufbewahrungsort, damit nichts in die falschen Hände gelangt. Denn: Passwörter sollten eigentlich nicht schriftlich fixiert und gesammelt aufbewahrt werden – die Ordnung des digitalen Nachlasses stellt hier eine absolute Ausnahme dar. Mehr zur Passwortsicherheit erfahren Sie in unserem Beitrag zur Passwortsicherheit.

Der digitale Nachlass: Federhalter schreibt auf liniertem Papier. Bild: Unsplash/Aaron Burden (https://unsplash.com/de/fotos/fullfederhalter-auf-schwarz-liniertem-papier-y02jEX_B0O0)

Wichtig ist, dass Sie Ihren Wunsch über Ihren digitalen Nachlass handschriftlich verfassen. Bild: Unsplash/Aaron Burden

Nachlasskontakte einrichten

Bei Ihren Facebook- und Google-Konten können Sie selbst direkt Vorsorge treffen. Beide Plattformen bieten an, einen Nachlasskontakt einzurichten, der nach Ihrem Tod auf Ihre Inhalte zugreifen kann.

Bei Facebook ist ein Nachlasskontakt schnell und einfach eingerichtet. Bei Google gestaltet sich die Einrichtung über den Kontoinaktivität-Manager etwas schwieriger – und das nicht ohne Grund, denn so ein Google-Konten kann umfassende private Daten über Sie enthalten – zum Beispiel Fotos, Kalendereinträge, Videos, Zahlungsinformationen und vieles mehr.

Facebook-Nachlass einrichten – Schritt für Schritt

Die Einrichtung des Nachlasskontakts ist bei Facebook recht einfach. Wir erklären Ihnen Schritt für Schritt, wie Sie vorgehen können:

  • Öffnen Sie über den Pfeil (Desktop-Ansicht) bzw. die drei Balken (Mobile Ansicht) oben rechts das Menü.
  • Wählen Sie den Punkt „Einstellungen“ (Desktop-Ansicht) bzw. klappen Sie den Reiter „Einstellungen und Privatsphäre“ auf und wählen hier den Punkt „Einstellungen“ aus (Mobile Ansicht).
    • In der Desktop-Variante erscheinen nun die Allgemeinen Kontoeinstellungen mit dem Unterpunkt „Konto verwalten“; unter diesem können Sie einen Nachlasskontakt auswählen oder die Löschung des Kontos nach Ihrem Tod beantragen.
    • In der mobilen Variante scrollen Sie bis zum Punkt „Deine Facebook-Informationen“ und wählen hier „Konto-Eigentum und Kontrolle“ aus; dann klicken Sie die Option „Einstellungen für den Gedenkzustand“ an und können darunter einen Nachlasskontakt auswählen oder die Löschung des Kontos nach Ihrem Tod beantragen.

Haben Sie einen Nachlasskontakt bestimmt, setzt Facebook diesen via E-Mail über seine Benennung als Nachlasskontakt in Kenntnis; damit erhält er das Recht, Ihr in den Gedenkzustand versetztes Profil zu verwalten.

Den Nachlass bei Google regeln – Schritt für Schritt

Bei Google ist die Einrichtung des Kontoinaktivitäts-Managers für die Nachlass-Regelung nicht ganz einfach. Wir zeigen Ihnen Schritt für Schritt, was Sie tun müssen:

  • Suchen Sie in der Google-Suche nach „Kontoinaktivitäts-Manager“ und rufen Sie dann Ihr Google-Konto auf; dort können Sie einstellen, was nach Ihrem Tod mit Ihrem Google-Konto passieren soll.
  • Wählen Sie aus, nach welchem Zeitraum der Inaktivität Sie kontaktiert werden wollen; dieser sollte zwischen drei und 18 Monaten liegen. Sollten Sie Ihr Konto über den gewählten Zeitraum nicht nutzen, werden Sie mehrfach per E-Mail und SMS benachrichtigt. Reagieren Sie nicht darauf, wird das Konto inaktiv geschaltet.
  • Legen Sie fest, welche Kontakte im Falle einer Inaktivität von Google benachrichtigt werden sollen und welche Daten Sie Ihnen freigeben möchten. Hier können Sie bis zu zehn Personen angeben. Diese Nachlasskontakte haben anschließend drei Monate Zeit, Inhalte herunterzuladen. Danach wird das Konto gelöscht.

Wenn Sie niemandem Zugriff auf Ihre Daten erteilen möchten, können Sie alternativ bestimmen, dass Ihr Google-Konto direkt gelöscht wird, sobald es inaktiv wird.

Bei Google (links) und Facebook können sie aktiv selbst bestimmen, was nach Ihrem Tod mit Ihren Accounts geschehen soll. Bild: Screenshots PC-SPEZIALIST

Bei Google (links) und Facebook können sie aktiv selbst bestimmen, was nach Ihrem Tod mit Ihren Accounts geschehen soll. Bild: Screenshots PC-SPEZIALIST

Der digitale Nachlass: Rechtzeitiges Kümmern wichtig!

Mit dem Gedanken an die eigene Sterblichkeit setzen sich wohl die wenigsten Personen gern auseinander. Aber was sein muss, muss sein. Zumindest, wenn Ihnen nicht egal ist, was nach Ihrem Tod mit Ihren Online-Daten geschieht. Oder wenn Sie Ihre Hinterbliebenen so wenig wie möglich belasten und ihnen den Abschied nicht unnötig schwer machen möchten. Daher unser Appell: Kümmern Sie sich rechtzeitig darum, dass der digitale Nachlass geregelt ist – schließlich kann man nie wissen, welcher Tag der letzte im Leben ist.

Hier noch einmal die wichtigen Punkte zusammengefasst:

  • Bestimmen Sie Vertrauenspersonen und Nachlasskontakte. Setzen Sie diese über Ihre Ernennung in Kenntnis.
  • Halten Sie die Liste Ihrer Accounts und Passwörter immer aktuell und verwahren Sie sie an einem sicheren Ort, den nur Ihre Vertrauensperson kennt.
  • Löschen Sie von Zeit zu Zeit jene Daten, die Sie nicht mehr benötigen oder die auch Ihre Vertrauensperson / Ihr Nachlasskontakt nicht sehen soll – das können Bilder, Dokumente oder auch E-Mails sein.
  • Halten Sie in einem handgeschriebenen Testament fest, was mit Ihrem digitalen Nachlass geschehen soll, und erstellen Sie eine Vollmacht für Ihre Vertrauensperson.

Dies alles gilt sowohl für den privaten Bereich als auch für das berufliche Umfeld. Wenden Sie sich an PC-SPEZIALIST in Ihrer Nähe, wenn Sie Unterstützung benötigen. Mit unseren zahlreichen IT-Services für Firmen und Privatkunden finden wir für Ihr IT-Problem die geeignete Lösung. Nehmen Sie Kontakt zu uns auf.
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Quellen: verbraucherzentrale, acquisa, openjur, Unsplash/Sixteen Miles Out (Headerbild)

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