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Facebook-Scan zur Suizidprävention
Author
Maren Keller, Di, 24. Apr. 2018
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Facebook-Scan zur Suizidprävention

Künstliche Intelligenz soll Selbstmord verhindern

Wisst ihr schon, dass Facebook unsere Leben retten möchte? Und zwar mithilfe einer künstlichen Intelligenz und dem Facebook-Scan. Nach den vielen miesen Nachrichten über Facebook kommt endlich mal was Gutes. Oder doch nicht?

Wir erklären euch, was Facebook plant und wie der Konzern damit Selbstmorde verhindern will.

Facebook als Suizidprävention?

Stellt euch vor, euren besten Freund plagen Selbstmordgedanken. Für ihn scheint sein Leben sinnlos zu sein. Er will es beenden. Darüber gesprochen hat euer Freund mit euch aber nicht. Wäre es nicht toll, wenn Facebook diesen Part übernehmen würde und euch rechtzeitig warnen könnte? Facebook als Suizidprävention? Hört sich doch erst einmal gut an, aber wie immer hat die Medaille zwei Seiten.

Eins ist aber sicher:  Nach den jüngsten Skandalen um Datenklau, Sammeln von Telefoninformationen, Links mit Viren und immer wiederkehrenden Schein-Gewinnspielen, bei denen nur eure Daten geklaut werden sollen, muss Facebook etwas ändern. Denn das Vertrauen der Nutzer, dass Daten bei Facebook sicher und geschützt sind, sinkt.

Begriffe wie Datenschutz und Datensicherheit scheinen bei Facebook oftmals nicht mehr als leere Formeln zu sein. Und dass Facebook richtig viel von euch weiß, kann kaum noch überraschen. Jeder Like, jeder Kommentar, jedes Teilen – alles registriert und speichert Facebook und verwendet es gegebenenfalls weiter.

Facebook-Scan - Suizidprävention - künstliche Intelligenz. Foto: Pixabay

Mit dem Facebook-Scan will der Konzern Selbstmorde verhindern. Foto: Pixabay

Facebook-Scan – was ist das?

Was genau ist der Facebook-Scan und wie plant der Konzern die Umsetzung der Suizidprävention? Klingelt die Polizei demnächst an eurer Tür, nur weil ihr in einem Post schreibt, dass ihr traurig seid? Oder will Facebook all eure Kontakte informieren, wenn ihr ungewohnterweise nicht ständig und immer online seid? Darüber schweigt sich Facebook aus.

Facebook-Chef Mark Zuckerberg betont nur, dass man auf seine Algorithmen stolz sei. Und anlässlich der Einführung des Suizid-Warnsystems sagte er: Bei allen Ängsten vor den Gefahren künstlicher Intelligenz in der Zukunft sei es gut, sich daran zu erinnern, dass künstliche Intelligenz heute schon dabei hilft, das Leben von Menschen zu retten.

Allerdings ist es noch etwas anderes, wenn ein Roboter eine OP durchführt, weil er exakter arbeiten kann, als wenn Facebook den Gemütszustand all seiner Nutzer generell überwacht.

Wie funktioniert der Facebook-Scan?

Aber wie funktioniert der Facebook-Scan genau? Facebook scannt den Gemütszustand seiner Nutzer automatisch. Erkennt das System auf Basis einer künstlichen Intelligenz Hinweise auf Selbstmordabsichten, schreitet es ein. Dafür arbeitet ein weltweit operierendes Facebook-Team rund um die Uhr in enger Zusammenarbeit mit nationalen Organisationen wie Telefonseelsorgen, betont Facebook-Chef Zuckerberg. Bemerkt dieses Team Auffälligkeiten, schalten sie die nationalen Organisationen ein und erhalten daraufhin Selbsthilfe-Materialien sowie Kontaktadressen.

Das Unternehmen verschweigt allerdings, welche Kriterien dem Algorithmus zugrunde liegen. Reicht ein Post mit den Worten „Ich bin todtraurig“ aus, um die Hilfswelle ins Rollen zu bringen? Oder müsst ihr doch konkrete Post schreiben?

Fest steht, dass Zuckerberg davon überzeugt zu sein scheint, dass künstliche Intelligenz alle Probleme der Menschheit heilen kann – sogar psychische Ausnahmezustände. Bedenken gibt es bereits, sogar im sonst so fortschrittsgläubigen Silicon Valley. Doch davon lässt sich Zuckerberg nicht beirren: „Wenn wir mit Hilfe von künstlicher Intelligenz Menschen helfen können, für ihre Familien und Freunde da zu sein, dann ist das ein wichtiger und positiver Schritt nach vorne“, sagt er über die Suizid-Prävention.

Suizidprävention greift in Europa nicht

In Europa mit seinen strengen Datenschutzvorschriften greift die Suizidprävention nicht. Zwar gibt es den Facebook-Scan, allerdings lösche Facebook die algorithmisch erstellten Einschätzungen angeblich nach 30 Tagen. Daten aus Vorfällen, bei denen Behörden eingeschaltet wurden, würden nicht mit den Nutzerdaten verknüpft, schreibt das Portal Netzpolitik.

Worum geht es Facebook mit seiner Suizidprävention wirklich? Diplompsychologe Georg Fiedler hält es für ethisch problematisch, Daten ohne Anlass zu sammeln und auf diese Art „ein Gesamtkataster der Weltbevölkerung im Hinblick auf suizidale Befindlichkeiten zu erstellen“, wie er gegenüber CRN sagt. Sinnvoller und wesentlich besser wäre es, wenn Facebook betroffenen Menschen Hinweise im Sinne eines „Präventive Advertising“ einblenden würde, an wen sie sich wenden können. Ein total überwachtes Medium wie es Facebook mit dem Facebook-Scan sei sowie drohende Vor-Ort-Einsätze würden suizidgefährdete Menschen aber eher meiden. „Sie wollen mit jemandem sprechen und nicht plötzlich die Polizei vor ihrem Haus stehen haben. Autonomie über ihr Leben zu haben, ist diesen Menschen oft wichtig“, betont Fiedler.

Facebook-Scan und die Gefahren

Was Facebook-Chef Zuckerberg scheinbar vergisst: Facebook möchte gern jedermanns Chronik eines schönen Lebens sein. Dass zunehmende Vereinsamung in sozialen Netzwerken und Mobbing vor allem bei jüngeren Facebook-Nutzern erhebliche Gefahren sind, die durchaus im Suizid enden können, ignoriert Zuckerberg dagegen.

So scheint der massenhafte Facebook-Scan doch wieder nur eins zu sein: Er rechtfertigt, dass noch mehr Daten von euch gespeichert werden. Eine ähnlich absurde Idee von Facebook war, dass ihr eure Nacktbilder an den Konzern schickt, um so Rachepornos zu verhindern. Wir haben darüber berichtet. Jetzt will Facebook also Selbstmorde verhindern. Ob’s klappt oder ob Datenschützer gegen den breit gefächerten Facebook-Scan Sturm laufen, wird sich zeigen.

Was haltet ihr vom Facebook-Scan? Sinnvoll oder nicht? Schreibt eure Meinung gern in unsere Kommentare.

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